Gruppe muslimischer Schweizerinnen und Schweizer (GMS): Medienmitteilung

Gruppe muslimischer Schweizerinnen und Schweizer (GMS): Medienmitteilung

Die Schweiz zwei Jahre nach der Minarettinitiative: Achtung statt Ablehnung

Vor etwas mehr als zwei Jahren hat das Schweizer Volk die Initiative gegen den Bau von Minaretten angenommen. Für die Urheber dieser Initiative sind Minarette das «äusserliche Symbol eines religiös-politischen Machtanspruchs, der verfassungsmässige Grundrechte in Frage stellt»; mit einem Verbot wollten sie die Pläne «islamistischer Kreise, einem an der Scharia orientierten Rechtssystem auch in der Schweiz zum Durchbruch zu verhelfen», verhindern. Die Annahme der Initiative hat die in der Schweiz lebenden Musliminnen und Muslime, ob sie ihren Glauben nun praktizieren oder nicht, stigmatisiert und verletzt.

Seither haben verschiedene Kreise in der Schweiz Verständigungs- und Versöhnungsarbeit weit über die Minarett¬initiative hinaus geleistet. Das jüngste Beispiel ist die vor kurzem veröffentliche Information über den Dialog zwischen Bundesbehörden und muslimischer Bevölkerung. Parallel dazu lancierte die Gruppe muslimischer Schweizerinnen und Schweizer (GMS), die auf Initiative der Fondation Cordoue in Genf gegründet wurde, eine unabhängige, komplementäre Initiative. Die GMS analysierte die Gründe für das Abstimmungsverhalten und skizzierte konkrete Vorschläge als Antwort auf das besorgnis¬erregende Zeichen, das mit der Annahme der Initiative gesetzt worden war.

Das Abstimmungsergebnis war Ausdruck eines Malaises in der Schweizer Bevölkerung. Weshalb aber dieses Malaise? Ist es Ausdruck einer mangelnden Integration der muslimischen Migrantinnen und Migranten? Viele hiesige Musliminnen und Muslime sind jedoch in der Schweiz geboren und verfügen über das Schweizer Bürgerrecht, und das Zusammenleben führt nur selten zu Konflikten. Ist es die Angst, dass die Schweiz ihre «Swissness» verlieren könnte, wenn wir unser Land mit Menschen mit einem anderen religiösen und kulturellen Hintergrund teilen müssen? Fehlt es der Schweizer Gesellschaft an Bereitschaft, sich der interkulturellen Realität zu stellen? Gemäss dem GMS-Mitglied Khaldoun Dia-Eddine lassen sich die Vorbehalte mit der mangelnden Präsenz der Musliminnen und Muslime im öffentlichen Leben der Schweiz erklären: «Das grundlegende Problem, das die Minarettinitiative aufgezeigt hat, ist das negative Image des Islam und der Muslime in der Schweizer Gesellschaft. Die GMS schlägt Massnahmen vor, um die volle Teilhabe der Muslime an der Gesellschaft zu fördern und Kommunikationskanäle bereitzustellen, damit zwischen Vorurteilen und Realität unterschieden werden kann.»

Die GMS veröffentlicht heute einen Katalog mit Empfehlungen für ein besseres Zusammenleben, der sich an die Schweizer Gesellschaft, die muslimischen Vereinigungen sowie an Behörden und Medien richtet. Die Broschüre gibt einen Überblick über die bestehenden Massnahmen zur Förderung von Integration und Kohäsion in der Schweiz und schlägt zusätzliche Massnahmen insbesondere im Bereich Kommunikation und staatsbürgerliches Engagement vor. Die Kommunikation soll gestärkt werden, weil eine bessere Information und die Bereitstellung von Plattformen für einen echten, kritischen und empathischen Austausch dazu beitragen, Vorbehalte, Ängste und Abwehrmechanismen abzubauen. Das staatsbürgerliche Engagement soll gefördert werden, weil die Musliminnen und Muslime in der Schweiz die Möglichkeit haben müssen, uneingeschränkt am gesellschaftlichen und politischen Leben sowie am Vereinsleben teilzuhaben und ihren Beitrag zur Gesellschaft sichtbar zu machen.

Anstatt eine nutzlose Debatte über angebliche kulturelle Unvereinbarkeiten zu führen, müssen wir unser Verständnis dessen, was «Schweizer sein» bedeutet, weiterentwickeln: Es bedeutet in erster Linie, zusammen zu leben, die Gesellschaft gemeinsam zu gestalten und zum Gemeinwohl beizutragen. Es bedeutet auch, den Mythos der religiösen oder kulturellen Einheit, die es gar nie gab, aufzugeben und gemeinsam auf ein besseres Zusammenleben in einer pluralistischen Gesellschaft hinzuwirken.

Mehr über die Arbeit der Gruppe muslimischer Schweizerinnen und Schweizer erfahren Sie mit den Empfehlungenbroschüre in den Sprachen Deutsch, Französisch, Italienisch, Arabisch und Englisch.

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